Update

09 Januar 2023

Alle Jahre wieder wundere ich mich an dieser Stelle, dass ich in den vergangenen zwölf Monaten so wenig gepostet habe. Tatsächlich ist es diesmal beinahe ein ganzes Jahr her, seit ich den letzten Blogeintrag verfasst habe. Dabei hätte es viel zu berichten gegeben: Dirk Schattner und ich, wir zwei Wahnsinnigen, haben 2022 gleich zwei neue Musicals auf den Weg gebracht. Zunächst im Februar "Gezeitenwende" mit mehreren Readings in Hamburg, dann, ausgehend von einem Wettbewerb der Deutschen Musical Akademie in Zusammenarbeit mit der Stadt Marburg, im November "Schatten. Risse." in einer Reihe von Workshop-Präsentationen in der Waggonhalle Marburg. Parallel dazu habe ich an anderen, kleineren Projekten gearbeitet und mich sogar mal wieder, nach langer Zeit, an das instrumentale Komponieren für Orchester herangetastet. Endlich, nach über zwei Jahren, durften auch wieder Konzerte in halbwegs "normalem" Umfang stattfinden, so dass wir u.a. im Sommer beim Szeniale-Festival die Live-Premiere meines Albums "Lebenswert" nachholen konnten. Nach längerer Pause habe ich zudem vereinzelt auch wieder Musicalkonzerte als Bandleader gespielt.
Es lag also keinesfalls an mangelnder Aktivität, dass es hier so still ist. Eher schon an mangelnder Zeit (wie üblich). Und teilweise auch an schwindendem Mitteilungsbedürfnis, sowohl was diesen Blog als auch meine Seiten in den sozialen Medien betrifft. Wie oft habe ich mir vorgenommen, jetzt aber mal zu diesem oder jenem Thema etwas zu schreiben, dann aber ein paar Nächte darüber geschlafen und mich zunehmend gefragt: Wen interessiert es überhaupt, was ich zu sagen habe, wer liest das alles in einer Zeit der ultrakurzen Aufmerksamkeitsspannen und vor allem - wen geht meine Meinung etwas an? Je älter ich werde, umso mehr stelle ich fest, dass es mich selbst nervt, dass jeder seine Meinung zu jedem Thema, gleich ob fundiert oder nicht, öffentlich und lautstark kundtun muss. Auch ich war immer eher ein lauter Mensch, ich habe auch massiv öffentlich etwa gegen das desaströse Vorgehen der Regierung bei den Corona-Hilfsmaßnahmen für Künstler protestiert wie so viele Kolleg*innen, gebracht hat es nachweislich natürlich nichts. Ich kann mich immer noch über viele Dinge aufregen, aber ich muss das nicht mehr in jedem Fall öffentlich tun.
Ich mag noch nicht einmal mehr den Zustand unserer Branche beklagen, die nach den Pandemiejahren immer noch darum kämpft, wieder auf die Beine zu kommen. Die Kaufkraft des Publikums ist ebenso geschwunden wie das Vertrauen, Konzertkarten im Vorverkauf zu erwerben. Sogar große Acts mussten in den vergangenen Monaten verstärkt Auftritte und Tourneen absagen, weil schlicht und einfach nicht genügend Tickets für eine profitable Veranstaltungsdurchführung verkauft wurden. Und das liegt, wenn man sich umhört, noch nicht einmal daran, dass die Menschen sich vor der Ansteckungsgefahr fürchten (ich selbst habe 2022 verschiedenste Konzerte aller Größenordnungen besucht, mich selbst nicht angesteckt und auch nicht gehört, dass eine dieser Veranstaltungen ein "Multispreader-Event" gewesen wäre), sondern dass sie einfach keine Lust mehr haben, Karten zu erwerben für Konzerte, die dann eventuell doch wieder abgesagt werden. Hier wurde viel Vertrauen verspielt und viel Porzellan zerschlagen, und es wird noch lange dauern (wenn überhaupt), bis wir wieder auf einem Vor-Corona-Niveau angekommen sind.
Die existenziellen Sorgen in unserer Branche werden also nicht weniger und wurden durch den brutalen russischen Angriffskrieg in der Ukraine und dessen wirtschaftliche Folgen nochmals verschärft. Angesichts des Leids der Menschen dort mag man überhaupt nicht über die eigene Situation jammern - angesichts dieser völlig neuen Weltlage, wieder der Möglichkeit von Kriegen mitten in Europa ins Auge sehen zu müssen, erscheint das Problem, ob man im nächsten Monat noch seine Miete bezahlen kann, tatsächlich eher vernachlässigbar. Ich frage mich mehr und mehr, was für eine Welt wir unseren Kindern hier hinterlassen und warum Menschen einfach nicht aus den Fehlern der Vergangenheit lernen wollen.
Auch wenn die Aussichten noch so trüb scheinen, will ich mir jedoch meinen Optimismus so gut es geht bewahren. Auch dieses Jahr wird wieder spannende Projekte und neue Aufgaben mit sich bringen. Und wenn die Welt da draußen mal wieder völlig verrückt spielt, lasst uns an den vermeintlich kleinen Dingen festhalten, die das Leben reich und schön machen: Familie, Natur, Freunde, gutes Essen - und natürlich immer wieder die Musik. In diesem Sinne freue ich mich auch 2023 auf viele musikalische Begegnungen und wünsche allen Lesern dieser Seite alles erdenklich Gute - möge das neue Jahr Glück, Freude und vor allem Frieden bringen. Imagine...

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